Foto: Bebauung - Historischer Bauernhof Modell
Akzeptabler Kompromiß zur Rettung des historischen Bauernhofs – leider erst noch nur im Modell (Foto: CDU Glienicke)

Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, sagt man in China. Den ersten wichtigen Schritt zur Rettung des Bauernhofs hat kürzlich der Umwelt- und Planungsausschuss getan: Er hat der Gemeindevertretung empfohlen, den Bürgermeister mit der Vorlage einer entsprechenden Anpassung des Aufstellungsbeschlusses sowie eines Entwurfs des betroffenen B-Plans 25 zu beauftragen. Die GVT ist der Empfehlung zwischenzeitlich mehrheitlich gefolgt. 

Historische Bausubstanz erhalten

Dabei geht es uns um den Erhalt einer echten historischen Bausubstanz. Einige Gemeindevertreter wären mit einem (möglicherweise auch historisierenden) Nachbau derselben Kubatur zufrieden. Als Beispiel wird dann schon mal das Humboldt-Forum genannt. Das passt freilich nicht nur von den Dimensionen her nicht: Das Stadtschloss in Berlin hatte den Krieg beschädigt, aber sanierungsfähig überstanden. Es wurde Opfer politisch motivierter Architektur-Ikonoklasten. Glienicke hat die Chance, Originalbauwerke der Nachwelt zu erhalten und einer neuen Nutzung (gern auch öffentlich) zuzuführen und sollte das auch tun! 

Mit unseren Stimmen für den Beschluss bekennen wir uns deswegen ausdrücklich zu der Bebauung in der Fluchtlinie hinter der Scheune Richtung Goebenstraße. Und das nicht nur, weil die Gemeinde eine solche (in größerem Umfang gar) schon einem vorherigen Besitzer in Aussicht gestellt hat. Sondern auch, weil der jetzige Bauherr die Mittel für die Sanierung des Bauernhofs durch entsprechenden Wohnungsbau erwirtschaften muss. Selbstverständlich ist er mit einer Maximalforderung von 6.000 Quadratmeter Wohnfläche in die Gespräche eingetreten -- das ist übliches Verhandlungsgebaren und nicht verwerflich. Die Maximalforderung einiger Gemeindevertreter wiederum war, auf diese Bebauung ganz zu verzichten. Mittlerweile kam der Bauherr der Gemeinde substantiell entgegen. Die Planung liegt nun bei 3.800 Quadratmeter und schlägt ein terrassiertes Wohngebäude vor: ein akzeptabler Kompromiss zwischen beiden Maximalforderungen.

Noch liegen keine Architekturzeichnungen vor, dennoch kann man es sich sehr attraktiv vorstellen. Auch im Kontrast zu der alten Scheune daneben. Derzeit liegt dort eine überwucherte, ungepflegt Brache. Als Kritik kommt hier verschiedentlich das Adjektiv „massiv“ ins Spiel. Massiver als die Scheune, die Kita oder der Wohnungskomplex an der Gartenstraße in unmittelbarer Nachbarschaft? Wohl kaum.  

Schwerwiegender ist da dann schon das Argument, dass mit dem Gebäude ein kleinerer Teil der ehemaligen Ausgleichsfläche für den Sonnengarten überbaut würde. Hier ist der Bauherr bereits in Vorlage gegangen und hat ein Grundstück in Glienicke erworben, das alle formalen Bedingungen für eine Ausgleichsfläche (einschließlich, so widersinnig es auch klingen mag, der Ausgleichsfläche für die oben genannte Ausgleichsfläche) erfüllt. Dabei handelt es sich um Land, das als potentielles Neubaugebiet im Gespräch war. Fraktionsübergreifend bestand aber Einigkeit, es als Grünfläche zu bewahren, was nun sichergestellt ist. 

Endlich Bewegung in den Entscheidungsprozess bringen

Der Bauherr hat bereits zugesagt, dass er mit dem „grünen Licht“ für sein Bauvorhaben (dazu gehört letztlich auch der B-Plan 25) als erstes die Sanierung des Bauerhofs einleitet. Das ist einer der Punkte, die in einem städtebaulichen Vertrag zwischen Gemeinde und Bauherr festzuhalten sind. Anlass, an dessen guten Willen zu zweifeln, gibt es nicht. Im Gegenteil: In dem Bemühen, den historischen Hofkomplex möglichst rasch zu sanieren, sind Bauherr und Gemeinde Partner, nicht Gegenspieler. Das gilt auch für die Perspektive, den Hof mindestens in Teilen einer öffentlichen Nutzung zuzuführen. Sowohl von Glienickes Ortskernverein, der mit dem Bauherrn erfreulicherweise bereits im Gespräch ist, als auch von unabhängiger dritter Seite gibt es dort sehr ansprechende Ideen. Allerdings muss der Bauernhof eben erstmal erhalten bleiben, um ihn wieder mit Leben füllen zu können.

Alles gute Gründe zu begrüßen, wenn nach viel zu langer Stagnation nun endlich Bewegung in das Projekt kommt. Und, um beim Ausgangsbild zu bleiben, der erste Schritt tatsächlich Auftakt der Reise zur Sanierung des Bauernhofs, der Belebung des Ortskerns und dem Bau attraktiver Wohnungen ist. Ein immer noch langer Weg, den rasch beschreiten muss, wem an der Rettung der wenigen historischen Gebäudesubstanz in Glienicke/Nordbahn gelegen ist. Ich werde ungern dramatisch, aber eine gegenteilige Entscheidung könnte das endgültige Aus für das ortskernprägende und schöne Hofensemble bedeuten. 

  

Dr. Ulrich Strempel, Vorsitzender, CDU-Fraktion

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