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Strempel fordert mehr Zurückhaltung in der Amtsführung des GVT-Vorsitzenden

Niemand erwartet von einem Vorsitzenden der Gemeindevertretung, dass er zum politischen Eunuchen wird. Immerhin wurde er auf der Liste einer Partei gewählt, bringt sich in deren GVT-Fraktion ein und stimmt in der Gemeindevertretung mit ihr ab. Gleichwohl haben alle anderen Fraktionen und Gemeindevertreter die berechtigte Erwartung, dass der GVT-Vorsitzende für das gesamte Gremium steht. Er sollte schließlich die Sitzungen unparteiisch leiten können. Persönliche Profilierung auf Kosten anderer passt nicht zu diesem Amt, durch dessen Inhaber sich alle GVT-Mitglieder vertreten sehen wollen.

Zurückhaltung angezeigt

Daher verbieten sich jegliche öffentliche Angriffe auf Gemeindevertreter (oder einen ganzen Ausschuss) ebenso wie ein allzu parteiisches öffentliches Eingreifen in die kommunalpolitische Meinungsbildung oder Distanzierung von Mehrheitsbeschlüssen der GVT. Ein GVT-Vorsitzender wird stets als solcher wahrgenommen. Er braucht seine politischen Überzeugungen nicht über Bord zu werfen. Aber er kann sich nicht mehr hinter einer Rolle als “einfaches“ GVT- oder Ortsverbandsmitglied verstecken. Im Glienicker Kurier nicht, und schon gar nicht in Äußerungen gegenüber Dritten anderswo. Amtsvorgänger Martin Beyer beherrschte diese Zurückhaltung aus dem FF. Sein Nachfolger Uwe Klein hat das wohl noch nicht in gleicher Weise verinnerlicht. Die in der Politik üblichen 100 Tage Schon- und Karenzfrist sind freilich längs verflossen, Kritik ist erlaubt.

Die substantielle Minderheit der Gemeindevertreter aller politischer Gruppierungen (einschließlich aus der SPD), die seinen umstrittenen Vorschlag zur Prüfung von „Pförtnerampeln“ am Übergang nach Berlin ablehnen, der „Unvernunft“ zu bezichtigen, steht dem GVT-Vorsitzenden sicher nicht an. Klein tut das im Juli/August-Kurier (Seite 41). Eine Entschuldigung wäre hier nicht unangebracht! Dass er auch noch vom Vorsitz während der Sitzung diese Beschlussvorlage in der GVT vehement selbst vertrat, obwohl seine gesamte Fraktion einschließlich Vorsitzender anwesend war, setzt das i-Tüpfelchen.

Keine taktischen Spielchen

Ebenso wenig sollte der GVT-Vorsitzende, in Personalunion auch Vorsitzender des Sozialausschusses (nach einer Soll-Vorschrift des Brandenburgischen Kommunalrechts eigentlich unerwünscht), ungebeten eine förmliche Anfrage an ein Landesministerium richten. Unweigerlich vermittelte das den Eindruck, im Auftrag dieser beiden Gremien zu handeln. Einen solchen Auftrag gab es aber nicht. Die Antwort dann erst zu einem späteren, für ihn taktisch vermeintlich günstigen Zeitpunkt statt unmittelbar nach Erhalt vorzulegen, ist keine überparteiliche Amtsführung. Ein Fraktionsvorsitzender in Bedrängnis mag so handeln, die „feine englische Art“ wäre es auch da nicht; ein GVT-Vorsitzender sollte es gar nicht.

Selbstverständlich ist es Aufgabe des Vorsitzenden, für ordnungsgemäße Abläufe der Sitzungen zu sorgen. Dazu gehört auch, Ruhe im Saal zu bewahren. In seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender schien sich Klein nicht im geringsten an Beifallsbekundungen aus dem Publikum für seine Positionen zu stören. Nun erteilt er dem Publikum Ordnungsrufe, das einen ihm nicht genehmen Beschluss beklatschte, droht gar mit Räumung, ohne dem dann bei der so herausgeforderten Wiederholung Taten folgen lassen zu können. Und einer ehemaligen Gemeindevertreterin im Publikum bei Zwischenrufen Ordnungsrufe zu erteilen – sollte sie nicht, aber sie ist nun einmal temperamentvoll – und mit Ausschluss zu drohen wirft die Frage auf: Muss das sein? Ist das souverän? Vor allem: Entspricht das dem insgesamt familiären kommunalpolitischen Klima in unserem doch kleinen Ort?

Anzuerkennen ist, dass Klein angesichts solchen Unmuts allen Fraktionen Gespräche über seine Amtsführen angeboten hat. Das ist auch dringend nötig. Unsere Fraktion hat dieses Angebot angenommen. Ob er zugehört hat?

Dr. Ulrich Strempel

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