Foto: Glienicker Dorfteich
Unser historischer Bauernhof – schnelle Sanierung tut not! (Foto: CDU Glienicke)

Ja, der Bauernhof am Dorfteich ist noch zu retten. Und das ist auch gut so, ist er doch eines der wenigen genuin historischen Gebäude in Glienicke/Nordbahn und ortsbildprägend. Das liegt nicht nur mir sehr am Herzen: Hierin war sich die Mehrheit der Gemeindevertreter in der Januar-GVT einig. Er ist zu retten im Original, nicht als Nachbau, wie das bei dem von Architekturikonoklasten unnötigerweise abgerissenen Berliner Stadtschloss nötig war. Aber es eilt.

Auch der Retter ist längst da: Der augenblickliche Eigentümer wartet darauf, endlich loslegen zu können. Und er hat ein Konzept, wie er erst kürzlich im Kurier sachlich und überzeugend dargelegt hat; für den Hof selbst Wohnungen, Büros. Offen ist zwar noch die Nutzung der (besonders einsturzgefährdeten) Scheune, aber der Eigentümer hat öffentlich Interessenten beispielsweise aus dem Glienicker Gewerbe eingeladen, mit Projekten auf ihn zuzukommen – er sei auch hier für Vorschläge offen und dialogbereit.

Kein Ankauf durch die Gemeinde

Ein Ankauf durch die Gemeinde hingegen verbietet sich aus vielerlei triftigen Gründen. Zum einen hat sie keinerlei Nutzungskonzept, ebenso wenig übrigens wie die selbsternannte „Initiative rettet den Ortskern“. Zum anderen verfügt die Gemeinde über keine Mittel – und wird sie in den kommenden Jahren nicht haben – in nahezu zweifacher Millionenhöhe für eine zusätzliche nichtpflichtige Aufgabe. Jegliche Anspielungen auf Haus 6 sind fehl am Platze, denn Schuie ist eine pflichtige Aufgabe. Zudem haben die Gemeindevertreter derzeit den Haushalt auf dem Prüfstand zwecks Konsolidierung. Das wird, auch angesichts vermutlich im Rahmen des Klimakonzepts notwendiger Investitionen, eher einen Abbau nichtpflichtiger Aufgaben mit sich bringen, sicher keinen drastischen Aufwuchs. 

Ohnehin drängt sich die Frage auf, wieso man der Allgemeinheit Kosten aufbürden sollte, die ein Privater zu tragen bereit ist. Glienicke muss ihn nur lassen. Zur Gegenfinanzierung der kostspieligen Bauernhofsanierung möchte der Eigentümer bekanntlich Wohnungen bauen. Zum einen hinter der Scheune, wo die Gemeinde dem Vorbesitzer bereits grünes Licht gegeben hatte. Zum anderen entlang der Hattwichstraße, wo er das Grundstück mit der dem Ortskern nicht gerade zum Vorteil gereichenden Baracke erwerben konnte. Ein Glücksfall, denn der projektierte dreiteilige, gefällig moderne Wohnungsbau wäre auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung zum Ist-Zustand. 

Argumente dagegen? Zum einen das von einigen Gemeindevertretern geäußerte, unterschwellig fremdenfeindliche, jedenfalls aber gänzlich realitätsferne „wir wollen keine neuen Glienicker“. Dabei ist der Druck angesichts der verfehlten Wohnungspolitik des Berliner Senats groß auf die grünen Umlandgemeinden. Man nennt das die normative Kraft des Faktischen. Eine Entlastung des Wohnungsmarkts in und um Berlin tut not, ist geradezu ein soziales Gebot.

Nach vorne denken zum Wohl des Ortskerns

Zum anderen wird gern das Ortskernkonzept gegen den jetzigen Bauherrn ins Feld geführt. Ja, auch wir haben seinerzeit dafür gestimmt, denn vor anderthalb Jahrzehnten passte es. Aber die Zeit schreitet voran, die Umstände ändern sich, sind längst über das Konzept hinweggegangen: Beispielsweise durch den ihm völlig widersprechenden, von der Gemeindevertretung selbst beschlossenen Bau des Gebäuderiegels Gartenstraße 11 – damals angesichts der Flüchtlingslage eine wichtige und richtige Entscheidung, die wir mitgetragen haben. 

Hinzu kommen neue Erkenntnisse zu Stadtplanung in Zeiten des Klimawandels. Statt neue Flächen zu erschließen, heißt das Gebot der Stunde, in die Höhe zu bauen und dort zu verdichten, wo Grundstücke bereits erschlossen sind, die Infrastruktur stimmt und der ÖPNV das Pendeln ohne Pkw ermöglicht. All dies erfüllt das Bauprojekt um den Bauernhof herum. Sogar eine Ausgleichsfläche hat der Bauherr nachgewiesen, die alle an sie zu stellenden formalen (aber eben nicht die subjektiven einiger GVT-Mitglieder) Kriterien erfüllt.

Intelligenz, so Stephen Hawkins, ist die Fähigkeit, sich dem Wandel anzupassen. Handeln auch wir in Glienicke/Nordbahn danach und hören auf, rückwärtsgewandt dem Bauherrn ständig neue Hürden in den Weg zu stellen. Er ist bereits in mehreren Punkten den Gemeindevertretern entgegengekommen, bleibt dialogbereit. Nun ist es an den Kritikern, über den eigenen Schatten zu springen und die notwendigen B-Plan-Ausnahmen endlich zu ermöglichen. Denken wir zukunftsgerecht. Um unseren historischen Bauernhof zu retten. Im Interesse unseres schönen Ortskerns.

Dr. Ulrich Strempel

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