Foto: Verkehrsschild 50
Tempo 50 Foto: CDU Glienicke.

Gerade damit die Wohngebiete ruhig bleiben und nicht als Schleichwege missbraucht werden, sollte freilich auf Haupt- und Durchgangsstraßen die innerörtliche Regelgeschwindigkeit von 50 Km/h gelten (begründete Ausnahmen vor Schulen, Kitas, Krankenhäusern, Altersheimen). Dazu zählen auch die von Pendler- und Durchgangsverkehr sowie vom ÖPNV befahrene Breidscheidstraße und die Märkischer Allee. Wir halten das Experiment der dort probeweise eingeführten Beschränkung auf 30 für verfehlt – und werden von vielen Betroffenen in dieser Einschätzung bestärkt. Betroffene sind übrigens nicht nur die Anwohner, sondern auch die Nutzer dieser Straßen.

Gute Argumente

Für die Regelgeschwindigkeit dort gibt es viele überzeugende Argumente. Nicht nur eines davon lieferte die Fraktionsvorsitzende der Grünen selbst. Verständlicherweise fühlt sie sich als häufige Autofahrerin von einem Geschwindigkeitspatchwork – mal 30, mal 50 – irritiert. Da die Schlussfolgerung flächendeckend Tempo 30 bekanntlich verkehrspolitischer Unfug wäre und auch dem Klima wenig nützen würde (Autos sind verbrauchs- und abgasmäßig für die Regelgeschwindigkeit optimiert), kann das nur heißen: Rückkehr zur innerörtlichen Regelgeschwindigkeit auf Durchgangsstraßen. Damit werden die Straßen auch nicht zu „Rennstrecken“; 50 Km/h ist ein moderates Tempo – einige Staaten erlauben höhere innerörtliche Regelgeschwindigkeiten. Wer will, darf ja langsamer fahren.

Abgesehen davon, dass dann auch die Überholvorgänge langer Reihen geparkter Fahrzeuge rascher und sicherer möglich sind, haben wir zudem die Fußgänger im Blick. Bei dichtem Verkehr ist eine Straße mit Tempo 30 nicht leichter zu überqueren als bei Regelgeschwindigkeit. Schon gar nicht für Schulkinder oder Senioren mit Rollator. Tempo 30 schließt aber Querungshilfen aus. Mit der Rückkehr zu Tempo 50 hingegen wären sie schon möglich – und wir fordern seit langem ausdrücklich Querungshilfen für Fußgänger an der Märkischen, zum Beispiel beim Seniorenklub und an der Bushaltrestelle.

Würde das mehr Lärmbelästigung für Anwohner bedeuten? Nicht zwingend, außer vielleicht bei konventionellen Autos aus dem letzten Jahrhundert. Deren Zahl dürfte aber im Schwinden begriffen sein. Wer sich in Glienicke/Nordbahn umtut, sieht immer mehr E-Kennzeichen. Nicht nur wer selber elektrisch fährt, weiß: Diese Autos sind bei 50 ähnlich lautlos wie bei 30 Km/h. Bei gutem Straßenbelag fallen die Rollgeräusche der Reifen kaum ins Gewicht. 

Nebenbei bemerkt: Immer mehr umweltfreundliche Autos führen die leider auch in unserer Kommunalpolitik manchem nicht fremden autofeindlichen Tendenzen ad absurdum. Verschwörungstheorie? Keineswegs. Die Autoren des umstrittenen interkommunalen Verkehrskonzepts sind da durchaus geständig. Auf den Hinweis im TIG-Ausschuss, dass doch klimafreundliche E- oder Wasserstoff-Fahrzeuge ebenfalls Verkehrs- und Parkraum benötigen, antworte einer von ihnen: Es gehe doch gerade darum, die individuelle Mobilität generell zu einzuschränken. Mit anderen Worten, Menschen (gerade auch älteren) einen Teil ihrer Bewegungsfreiheit zu rauben, womit man mal eben die Axt an die Wurzeln eines Grundrechts in freiheitlichen Gemeinwesen legt.

Es ist keineswegs ehrenrührig, erkannte Irrwege zu verlassenen. Gerade im Verkehrswesen gibt es dafür gute Vorbilder. Naheliegend die begrüßenswerte Entscheidung gegen eine Fahrradstraße auf der Schildower Straße in Hermsdorf oder auch die Wiedereröffnung der gesperrten Friedrichstraße in Berlin-Mitte. In Frankreich kehrt man auf Nationalstraßen nach und nach zurück zur Regelgeschwindigkeit von 90 Km/h, die vor einigen Jahren um zehn Kilometer gesenkt worden war. Der Begründer der analytischen Psychologie, Carl Gustav Jung, bemerkte einmal: „Die Menschen könnten aus ihren Fehlern lernen, wenn sie nicht so sehr damit beschäftigt wären, sie zu leugnen.“ So viel Weisheit sei auch den verkehrspolitischen Entscheidern in Glienicke/Nordbahn zu wünschen.

Für eine faire Verkehrspolitik mit Augenmaß, die allen Verkehrsträgern gerecht wird – Fußgängern, Radlern, ÖPNV und motorisiertem Individualverkehr.

 

Dr. Ulrich Strempel und Dirk Steichele

 

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